Tierarzt II

Als ich aufwachte, fühlte ich mich wie zerschlagen. Ich war schon wieder in meinem Plastikkorb und lag auf einem weichen Handtuch. Lustlos knabberte ich an einem Grashalm.

Wir Kaninchen müssen ja immerzu Essen nachschieben, weil wir sonst totale Magenprobleme bekommen. Bei meinen Menschen ist das genau umgekehrt. DIE bekommen Probleme, wenn sie ständig Futter nachschieben. Komische Sache! Ich wollte eigentlich noch ein wenig über diese seltsame Laune der Natur nachdenken, aber ich konnte mich nicht darauf konzentrieren. Ich hatte überhaupt keinen Spaß an meinem Heu und hatte einfach nur Angst!

Warum ich ständig Angst habe, fragt Ihr? Na! Schon mal was vom Angsthasen gehört? Eben! Ich bin zwar kein Hase sondern ein Kaninchen, also was völlig anderes, aber Angst haben wir Kaninchen dennoch. Und das ist auch gut so. Was, wenn da plötzlich so ein mutierter Wolf steht, dessen Maul vor Zähnen starrt und an einem schnuppert? Eben! Lieber abhauen, sag ich.

Ach, mir war damals alles egal. Außerdem ziepte es an meinem Genital so komisch. Ich wollte mich ablecken und alles sauber machen, weil es seltsam roch und mit einer eigenartigen Tinktur eingerieben war, aber ich fiel immerzu um.

War eine schlimme Zeit, kann ich Euch sagen!

Ich legte mich auf meinem Handtuch zurecht und grübelte über mein Ende nach. Da erschnupperte ich den Geruch meiner Menschen. Der Duft verstärkte sich und ich wurde nach einer Weile wieder in meinen Käfig (so nennen die Menschenwesen das) gesetzt.

Leute, ich war so fertig! Ich musste erst mal schlafen!

 

 

 

 

 

 

 

Und meine Geliebte sah mir dabei zu….


Tierarzt

Irgendwann im Januar, als ich so um die vier Monate alt war und ausgeschlafen hatte, wurde ich in einen geräumigen Plastikkorb gesteckt. Ich hatte überhaupt keinen Nerv für das Heu und die getrockneten Löwenzahnblätter, die darin verteilt waren. Ich war extrem nervös. Würden sie mich endgültig von meiner Schia trennen? Mittlerweile hatte ich übrigens mitbekommen, dass die Menschenwesen mich ‚Rambo’ und meine Hübsche ‚Schia’ getauft hatten.

Also wollten mich die Menschen loswerden? Hatte ich was falsch gemacht? War ich zu frech zu Schia gewesen? Ich konnte mir nicht erklären, warum ich wieder in die Kälte geschleppt wurde und das laute Brumm-Geräusch ertragen musste.

Plötzlich war ich wieder in der Wärme. Ich saß da in dem Korb auf einem weichen Handtuch und schnupperte. Die Gerüche, die in meine Nase strömten, waren verwirrend und auch ziemlich eklig. Es roch nach Wolf, nach Luchs, auch nach Artgenossen, aber da war auch ein scharfer Geruch – Alkohol oder so.

Leute: Ich bekam es mit der Angst zu tun!

Aus heiterem Himmel zerrte ein großer Mann an meinem Genick und ich musste auf einen kalten Blechtisch. Er drehte mich auf den Rücken. Ich hasse es, auf dem Rücken zu liegen!

Stellt Euch vor: Der tastete an meinen Genitalien rum! Eine Frechheit!!

Ich war empört!! Wirklich!! Ich versuchte, seine Hand mit den Hinterpfoten abzuwehren. Aber noch bevor ich wusste, wie mir geschah, saß ich in einem Plastikkasten und atmete etwas Süßliches ein. Mir wurde fast übel. Mein letzter Gedanke galt Schia. Dann muss ich wohl eingeschlafen sein…


Treffen

Tatsächlich haben mich die Menschen zu meiner großen Freude mit dieser anbetungswürdigen Göttin zusammengebracht. Sie nahm kaum Notiz von mir! Kann man sich das vorstellen??

Ich hatte extra meine beiden Strähnen vor die Ohren geschüttelt und mich ordentlich sauber geleckt und dieses wundervolle Mädchen will nichts von mir wissen!

Na gut, dachte ich, dann schau ich mich eben ein wenig in ihrem Heim um. Auch hier gab es eine solide kleine Hütte zum Draufklettern und sogar zum hineinkriechen. Oh alles roch wunderbar nach meiner Angebeteten. Ich inspizierte auch ihren Fressnapf. Es war das gleiche Futter darin wie in meinem, aber es roch sooo viel besser – nach ihr!

Ich durfte jeden Tag zu einem langen Auslauf in die Freiheit. Vor lauter Freude machte ich große Bocksprünge und trainierte mein ‚Hakenschlagen’. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass mich meine eigenen Hinterbeine überholen und dann musste ich einfach meinen Kopf schütteln. Oder ich sprang in die Luft und drehte mich um die eigene Achse – alles vor Freude darüber, mit meiner Kleinen zusammen zu sein. Sie wirkte allerdings ziemlich reserviert und schien vor mir davon zu laufen. Dabei wollte ich einfach nur mit ihr kuscheln.

Die Menschen, die uns beim Hopsen aufmerksam und meistens lachend beobachteten, benahmen sich seltsam, wenn ich mich meinem Mädchen näherte. Sie gingen meist sofort dazwischen, wenn ich meinem Mädchen mal mit dem Kinn über das hübsche runde Hinterteil strich. Komisch!

Hin und wieder konnten wir ruhig nebeneinanderliegen. Ich habe es mir allerdings liebevoller vorgestellt…

O Mann, nach ein paar Wochen hatte ich wieder so ein einschneidendes Erlebnis. Ich weiss zwar nicht, was geschehen war, aber irgendwie war ich nicht mehr derselbe wie davor….


Eingesperrt

Es verging noch eine ganze Weile, bis ich Kontakt mit ihr aufnehmen konnte. Aber der Reihe nach.

Ich war schon mal glücklich, dass ich nicht allein war. Bisher war ich noch nie allein gewesen. Erst mit meiner Mutter und meinen Geschwistern zusammen. Dann in dem komischen Glaskasten mit meinen Kumpels. Wisst Ihr, das war richtig schön! Meine Mutter hat mich und meine Geschwister immer ordentlich abgeleckt und sauber gemacht. Und mit den Kumpels hab ich gekuschelt und es war so gemütlich und warm. Ich hab mich wohl gefühlt! Ach ja.

Jetzt wurde ich in ein komisches Ding gesteckt. Viel kleiner als der Glaskasten. Aber endlich konnte ich wieder Heu erschnuppern und fressen, fressen, fressen. Alles schien für mich allein zu sein. Auch die komischen grünen Bröckchen waren in einer Schale vorbereitet. Ich hab diese seltsame Schale erst mal umgekippt – wozu hat man seine Zähne. Ich wollte den Riesen zeigen, dass ich meinen eigenen Kopf habe.

Sogar eine Holzkiste war in dem Kasten, sodass ich meine Umgebung auch von oben inspizieren konnte. Aber die hab ich mir erstmal selbst so hin gestellt, wie ich sie brauchte. Mit meinen Zähnen hab ich sie hochkant gestellt, damit ich alles besser überblicken konnte. Also eigentlich gab es an meiner neuen Wohnung nichts auszusetzen.
Nur dass ich allein war. Mein Mädchen war in einem ähnlichen Ding neben mir. Immerhin konnte ich ihren Geruch wahrnehmen. Ich wusste nur nicht, warum wir nicht zusammen sein durften.

Alles in allem war der Tag ganz schön anstrengend. Ich musste mich erst mal ausruhen. Mit dem Geruch von den neuen Wesen, von Heu und meinem Mädchen in der Nase, legte ich mich zum Schlafen… In ein paar Stunden würde ich mir überlegen, wie ich zu meiner Süßen kommen könnte.

 


Neues Heim 2

Ok – es ist wirklich peinlich, aber ich sage es jetzt einfach: Ich musste pieseln. Ich dachte die ganze Zeit schon, meine Blase platzt und dann noch die ganze Aufregung… Ich musste eben. Na und? Der Junge, der mich aus der Box genommen hatte – im Laufe der ersten Tage habe ich gelernt, dass die riesigen zweibeinigen Typen keine mutierten Kaninchen sondern ganz einfach Menschen waren – lachte und hielt mich weiter sacht. Ich kam mir zwar immer noch ein wenig doof vor, aber immerhin war es anscheinend nicht sooo schlimm.

Na ja – ich hab dann noch mehr Menschen kennengelernt.

Der Junge hat mich vorsichtig in einen anderen Raum getragen. Wieder hatte ich ganz viele verschiedene und unbekannte Gerüche in der Nase. Aber einer der Gerüche kam mir bekannt vor. Ich riss meine Nase auf und schnupperte so schnell ich konnte. Der Geruch kam näher wurde intensiver. Ich wurde fast verrückt. Ich konnte es kaum glauben. Tatsächlich ich konnte sie riechen – und sehen!

MEIN Mädchen!! Die Hübsche, die auf der kleinen Kiste gesessen hatte. Sie war da! Neben mir! Wurde von einem anderen – größeren – Menschen gehalten. Am liebsten wäre ich sofort zu ihr gesprungen. Aber der Junge hielt mich fest. Er dachte wohl, ich wolle fliehen – doch dabei wollte ich nur zu IHR. Jetzt sah ich ihr seidig glänzendes Fell, ihre braunen fast schwarzen Augen mit diesen feinen Wimpern. Ihr Fell war total vielfarbig: Dunkles und helles Braun  mit  schwarz vermischt und ein wunderbares Weiß – fast so weiß wie mein eigenes Fell. Sie war so wunderschön und sie hatte Angst, das spürte ich. Ich sah aufmerksam zu ihr hinüber.

Nein, sie taten ihr nichts. Sie wurde so sacht gestreichelt, wie ich. Und doch wollte ich nur, dass sie diesen seltsamen Menschengeruch verliert und wieder wie ein Kaninchen riecht. Ach, wann würde ich mich an sie schmiegen können? Wann…?


Neues Heim 1

Also – wo war ich? Ach ja: plötzlich wurde mein zarter und empfindlicher Bauch zusammengedrückt. Ich schwebte in luftiger Höhe und obwohl ich heftig mit den Hinterpfoten strampelte, wurde ich in eine kleine Box gesteckt. Es wurde schwarz um mich. Das komische Ding war ziemlich eng. Umdrehen konnte ich mich nicht und was noch schlimmer war: Ich konnte nichts sehen! Ich konnte nichts anderes tun, als dem schnellen Pochen meines Herzens zuzuhören. So viel ich auch schnupperte, ich konnte nichts riechen, außer irgendeiner Form von Zellulose. Etwas Weiches war um mich gewickelt – nicht unangenehm, aber fremd. Auf dem glatten Boden der seltsamen Box konnte ich keinen Halt finden. Die Box wackelte hin und her. Dann spürte ich auf einmal Kälte. Auch die Luft, die durch die Ritzen der Box drang, roch ungewohnt. Viele verschiedene Gerüche nahm ich wahr – so etwas hatte ich noch nie zuvor gerochen. Aber vor allem die Kälte verwirrte mich. Ein lautes Geknall und Brummen erschreckte mich.

Ich war verzweifelt. Mein kurzes Leben würde hier in dieser dunklen Box enden – davon war ich überzeugt! Nie mehr würde ich meine Nase in duftendes Heu vergraben können. Nie mehr würde ich mich mit meinen Kumpels um eine leckere Karotte streiten! Ich würde meine Traumfrau nie mehr wieder sehen! Ich hatte noch andere düstere Gedanken, als ich noch einmal ordentlich durchgeschüttelt wurde. Auf einmal wurde die Box geöffnet und ich saß auf einem weichen Untergrund. Zwei Hände umfassten mich vorsichtig – ich war so durch den Wind, dass ich erst mal …. Oje, das ist so peinlich, dass ich eine Zeit brauche, um darüber nachzudenken, ob ich es überhaupt erzähle…

Nächste Woche vielleicht?


Hallo allerseits!

Ich möchte mich erst mal ordentlich vorstellen.

Mein Name ist Rambo und ich bin jetzt 6 Jahre und circa 7 Monate alt – so genau kann mir das leider keiner sagen.

In meinem Blog werde ich Euch etwas über mein Leben mit meiner Freundin Schia und den seltsamen Lebewesen, die in meinem Territorium leben, erzählen.

Ich muss so um die drei Monate alt gewesen sein, als mein Leben plötzlich eine neue Wendung erfuhr. Ich lag mit meinen Kumpels total relaxed in einem großen Glaskasten. Er war gefüllt mit Heu und Streu, es stand ein großer Napf darin, in dem leckere grüne Bröckchen lagen – keine Ahnung, was das für Zeug war, aber es schmeckte gut. Hin und wieder lag wie von Geisterhand eine große Karotte im Kasten. Die musste ich mir aber mit den Kumpels teilen und einige davon hatten ganz schön Hunger, kann ich Euch sagen. Na, wie es eben so ist, mir war ein wenig langweilig. Ich hoppelte an die eine Ecke des Kastens und da sah ich sie – Mädchen! Wunderschöne Hasenmädchen, Massen davon. Eine schöner als die andere! Für einen jungen Mann wie mich einfach ein Paradies. Ich überlegte eine Weile hin und her, schnupperte am Glas, schätzte die Höhe ab, richtete mich auf und sprang. Ich kann Euch sagen: es war der Sprung meines Lebens. Ich war noch ganz verdattert, aber ich kam meiner Traumfrau näher. Sie saß auf einer Holzkiste und sah mich mit einem herablassenden Blick an. Sie war so über mir, so erhaben, so wunderschön. Ich wollte gerade zu ihr hoppeln, als plötzlich…

– Wenn Ihr mehr wissen wollt, dann lest in einer Woche weiter –